Theresa Caputo – paranormale Budenzauberin
Die Reality-Doku „Das Medium: Theresa Caputo“
- Das Medium: Theresa Caputo
- USA 2024Dokumentation
- Anbieter
- Sixx
- Zu sehen
- ab 16.09.2024
Wo sie auftaucht, bleibt kein Auge trocken. Tränen der Rührung und Überwältigung durchströmen diese Reality-Serie mit paranormalem Touch, deren Star Theresa Caputo ist. Die forsche New Yorkerin inszeniert sich als Medium für spirituelle Kommunikation. Sie trifft Personen, die Angehörige oder Partner:innen verloren haben. Das Repertoire der jeweiligen Ablebegründe ist breit gefächert, es reicht von Krankheit bis Mord. Die 57-Jährige verfügt nach eigener Aussage über die Gabe, mit den Seelen und Geistern Verstorbener zu kommunizieren, und möchte damit anderen helfen, die Traumata, Ängste und Sorgen, die mit dem Verlust geliebter Menschen einhergehen, zu überwinden und positiv durchs Leben zu gehen. Die Serie spielt also mit therapieähnlichen Formen einer paranormalen Kommunikation. Theresa Caputo ist eine lebenslustige und den Menschen zugewandte Protagonistin, die sich mit viel Empathie den Familien- und Beziehungsgeschichten ihrer Gesprächspartner:innen widmet.
Theresa – das Medium
Populär wurde Theresa Caputo durch die Serie Long Island Medium (2011–2019), von der es mittlerweile 14 Staffeln gibt (TLC). Long Island Medium ist in erster Linie als Unterhaltungsserie zu sehen. Im Mittelpunkt stehen die Mediumship-Interaktionen zwischen Theresa und ihren Klient:innen.
Ähnlich ist es bei dem neuen Format Theresa Caputo: Raising Spirit (Sendetitel Das Medium: Theresa Caputo), in dem Theresa als Medium in den USA umherreist. Sie trifft beispielsweise Menschen, deren Geschwister im frühen Kindesalter starben, oder Personen, die Partner:innen oder Angehörige durch Suizid verloren haben. Die Palette an Unglück ist groß, und manchem wird erst durch die sogenannten Readings das Ausmaß ihrer Traumata bewusst.
Den Hinterbliebenen war es oft nicht vergönnt, sich richtig zu verabschieden, wodurch psychomentale Belastungen entstanden sind. Diese Leerstelle hat Theresa im Blick. Sie behauptet, mit den Geistern der Angehörigen spirituell verbunden zu sein, und übermittelt nun tröstende Botschaften aus dem Jenseits. Teilweise sind die Angehörigen erschüttert, wie beispielsweise Nina in der Episode „Theresa’s Holy House“, die immer noch unter dem Tod ihrer damals zweijährigen Schwester leidet. Sie hat Weinkrämpfe, ist aber dann sehr dankbar für Theresas Trost und Zuspruch.
Manchmal beginnt Theresa auch ganz beiläufig eine spirituelle Kommunikation, wie beispielsweise mit einer zufällig anwesenden Touristin in der Episode „Mother Knows Best“.
Theresa Caputo Connects Deceased Son With His Mom | Raising Spirits (Lifetime, 24.02.2024)
Business oder Lebenshilfe?
Es ist wohl beides. Aber eine Frage bleibt: Werden Zuschauer:innen und Betroffene mit diesem Budenzauber hinters Licht geführt? Kritiker des Formats meinen, Theresa Caputo beute das Leiden Trauernder aus, und verweisen auf Cold Reading. Das ist eine Methode, bei der das Medium scheinbar persönliche Informationen über eine Person enthüllt, die in Wirklichkeit allgemein und vage sind. Dadurch wird der Eindruck erzeugt, das Medium habe übernatürliche Fähigkeiten. Das mündet oft in dem Forer-Effekt, bei dem Menschen allgemeine Aussagen als persönlich relevant empfinden, obwohl sie für viele Menschen zutreffen. Beides ist wohl nicht ganz auszuschließen, weswegen bei aller Unterhaltsamkeit und Empathie auch Vorsicht geboten ist.
Caputos neues Format ist TV-Unterhaltung, die sich im Fahrwasser einer Faszination für das Paranormale bewegt, deren Basis letztlich persönliche Verunsicherungen sind. Paranormale Phänomene werden hier als realer Teil unserer Lebenswelt inszeniert. Aber es geht immer auch um Mitgefühl.
Freigegeben ab 12 Jahren | ab 6 Uhr und ab 20 Uhr
Die Atmosphäre ist nie bedrohlich oder angsteinflößend, es wird allerdings viel geweint (Emotionalität). Theresa spendet Trost und bestärkt ihre Gesprächspartner:innen empathisch. Der Prüfausschuss war einhellig der Auffassung, dass ab 12-Jährige in der Lage sind, die vorgestellten Zusammenhänge einordnen zu können, ohne dass eine Entwicklungsbeeinträchtigung im Sinne einer übermäßigen Angsterzeugung oder sozialethischen Desorientierung anzunehmen ist.
Auch wenn das Format im Grunde genommen auf eine antiaufklärerische Prämisse setzt und damit nicht ganz unproblematisch ist, kann dies von 12-Jährigen hinreichend eingeordnet und als spezielle Form der Unterhaltung erkannt werden. Eine Wissenschaftlichkeit der spirituellen Kommunikation wird nicht behauptet, sodass auch keine Evidenzbasiertheit vorgetäuscht wird. Für Kinder könnte das Thema Tod und Spiritualität durchaus interessant sein, bleibt aber in dieser Form sehr oberflächlich, sodass es nicht kindaffin und wirkmächtig für die jüngere Altersgruppe ist. Der große Teil der geprüften Episoden erhielt daher eine Freigabe für das Hauptabendprogramm, verbunden mit einer Altersfreigabe ab 12 Jahren. Eine Episode erhielt eine Freigabe für das Tagesprogramm.
Über den Autor:
Dr. Uwe Breitenborn ist hauptamtlicher Prüfer bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF), Dozent, Autor und Bildungsreferent bei der Medienwerkstatt Potsdam.
Bitte beachten Sie:
Bei den Altersfreigaben handelt es sich nicht um pädagogische Empfehlungen, sondern um die Angabe der Altersstufe, für die ein Medieninhalt nach Einschätzung der Prüferinnen und Prüfer keine entwicklungsbeeinträchtigende Wirkung hat.
Weiterlesen: Sendezeiten und Altersfreigaben
Hinweis:
Pay-TV-Anbieter oder Streamingdienste können eine Jugendschutzsperre aktivieren, die von den Zuschauerinnen und Zuschauern mit der Eingabe einer Jugendschutz-PIN freigeschaltet werden muss. In dem Fall gelten nicht die üblichen Sendezeitbeschränkungen und Schnittauflagen. Weitere Informationen zu Vorschriften und Anforderungen an digitale Vorsperren als Alternative zur Vergabe von Sendezeitbeschränkungen sind im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 5 Abs. 3 Nr. 1; § 9 Abs. 2 JMStV) sowie in der Jugendschutzsatzung der Landesmedienanstalten (§ 2 bis § 5 JSS) zu finden.
Weiterlesen: Jugendschutz bei Streamingdiensten