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Joachim von Gottberg:

Pragmatische Selbstklassifizierung mit sachverständiger Moderation

Die Jugendschutzmodelle von Deutschland und den Niederlanden

In: tv diskurs. Verantwortung in audiovisuellen Medien, 13. Jg., 4/2009 (Ausgabe 50), S. 26-31

Seit Februar 2001 gibt es in den Niederlanden ein völlig neues Jugendschutzsystem. Das Nederlands Instituut voor de Classificatie van Audiovisuele Media, kurz NICAM, bricht mit vielem, was uns in Deutschland heilig zu sein scheint. Von der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) und der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) wurden die Anfänge des Systems eher mit Skepsis als mit Optimismus betrachtet. Kann der Jugendschutz in seriöser Weise gewährleistet werden, wenn Angestellte des Anbieters auf der Grundlage eines Fragebogens die eigenen Inhalte mehr oder weniger selbst klassifizieren? Kann der Kontext des Inhalts, in Deutschland oft entscheidender als einzelne Szenen, so tatsächlich vernünftig eingeschätzt werden? Überwiegt nicht dann, wenn eine frühere Sendezeit wirtschaftlich attraktiv ist, das kommerzielle Interesse gegenüber dem Interesse des Jugendschutzes? Und zieht sich der Staat, der nach der deutschen Verfassung zumindest theoretisch immer das letzte Wort haben muss, in den Niederlanden nicht zu sehr aus seiner Verantwortung zurück? Auf der anderen Seite bietet das System aber auch viele Vorteile: Es ist effektiv, preiswert für die Anbieter und für den Staat, und es ist relativ einfach, neue Vertriebswege zu integrieren. Vergleicht man das deutsche System mit dem niederländischen, stellt sich also die Frage: Können wir aus den dortigen Erfahrungen etwas lernen?

 

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