Jugendmedienschutz

 

Der Jugendmedienschutz geht davon aus, dass jede Gesellschaft gemeinsame Werte vertritt, die Kinder im Laufe ihrer Erziehung in ihre individuellen Wertesysteme übernehmen sollen. In pluralistischen, demokratischen Gesellschaften werden dem Einzelnen zwar große Freiheiten bei der Entwicklung seines eigenen Wertesystems zugestanden, allerdings enthält unser Grundgesetz ganz bestimmte Grundwerte, die als unverzichtbare Basis für das gesellschaftliche Miteinander dienen und die es zu schützen gilt.

Grundwerte und Medienfreiheit

Dazu gehören insbesondere die Menschenwürde, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, der Gleichheitsgrundsatz von Mann und Frau, die Ablehnung von Angriffskrieg, Rassismus oder Diskriminierung, die Religionsfreiheit sowie die Freiheit der Meinung und der Medien (vgl. Grundgesetz).

Die Medienfreiheit stößt an ihre Grenzen, wenn Verhaltensweisen oder Meinungen befürwortet werden, die sich gegen diese Grundwerte richten. So sind Filme oder Computerspiele, die Gewalt gegen Menschen zur Durchsetzung von Interessen oder persönlichen Zielen als gerechtfertigt und normal erscheinen lassen, gegen den Grundwert „Recht auf Leben“ gerichtet. Ein Sexfilm, der Frauen auf die Rolle des Objekts männlicher Begierde reduziert, könnte eine Haltung gegen das Grundrecht der Gleichheit der Geschlechter befördern.

Aufgabe des Jugendmedienschutzes

Die Fähigkeit, mediale Inhalte zu verstehen und mit gesellschaftlichen Werten und entsprechenden sozialen Erfahrungen abzugleichen und zu deuten, ist von der kognitiven und emotionalen Entwicklung des Betrachters abhängig und damit nicht zuletzt vom Alter.

Aufgabe des Jugendmedienschutzes ist es, mediale Inhalte daraufhin zu überprüfen, ob sie für Kinder oder Jugendliche eine Beeinträchtigung ihrer Entwicklung in Bezug auf die Erziehungsziele unserer Gesellschaft beinhalten könnten. Wird eine solche Wirkung vermutet, treten verschiedene Vertriebsbeschränkungen in Kraft. Dadurch soll sichergestellt werden, dass diese Medieninhalte nur für die Altersgruppen zugänglich sind, die auch über die notwendige Reife verfügen, solche Verhaltensmuster einzuordnen. Außerdem gilt es, Kinder vor Medieninhalten zu schützen, die sie individuell beeinträchtigen könnten. Dazu zählen zum Beispiel Filme, die bei Kindern langfristig nicht zu verarbeitende Ängste erzeugen (vgl. Wirkungsrisiken).

Jugendmedienschutz in Deutschland

In Deutschland befassen sich viele verschiedene Einrichtungen mit dem Jugendschutz in den Medien. Die Schaffung einer einzigen Institution wäre auch nicht so einfach, weil nach unserem Grundgesetz der Bund für Trägermedien (Kinofilme, DVDs, Computerspiele) zuständig ist, während Fernsehen und Telemedien (Internet) in die Regelungskompetenz der Länder fallen.

Aufgrund des Verbots der Vorzensur (Art. 5 Abs. 1 GG) sind die zuständigen Institutionen auf die Nachkontrolle beschränkt. So kann die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ, bis Mai 2021 BPjM), eine Bundesbehörde, erst nach der Veröffentlichung tätig werden. Dies hat zur Folge, dass die Vertriebsbeschränkungen durch die Indizierung manchmal erst wirksam werden, wenn bereits viele Jugendliche den Inhalt zur Kenntnis genommen haben.

Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle

Es ist also im Interesse des Jugendschutzes und auch der Anbieter, die Medien schon vor der Veröffentlichung begutachten und klassifizieren zu lassen. Die Behörden übertragen daher einen Teil ihrer Kompetenzen an Selbstkontrolleinrichtungen.

Die Obersten Landesjugendbehörden (OLJB), die nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) für die Altersfreigaben bei Kinofilmen, DVDs und Computerspielen zuständig sind, haben ihre Prüfkompetenzen an die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) bzw. die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) abgegeben.

Für die Überprüfung der Jugendschutzbestimmungen im privaten Fernsehen (die öffentlich-rechtlichen Sender regeln den Jugendschutz intern) und im Internet ist nach dem Jugendmedienschutz Staatsvertrag (JMStV), einer Ländervereinbarung, die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) zuständig, ein Organ der Landesmedienanstalten.

Die KJM hat für Fernsehinhalte und fernsehähnliche Inhalte im Internet die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) und für Telemedien (Internet, Teletext) die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) als Selbstkontrolleinrichtungen anerkannt. Außerdem anerkannt sind inzwischen die Online-Ableger von FSK und USK, die die reinen Online-Angebote in ihren jeweiligen Bereichen überprüfen können.

Aufteilung der Kompetenzen und Konvergenz der Medien

Die Zuständigkeiten für die unterschiedlichen Medientypen teilen sich Bund und Länder:

Mit dem Internet und der zunehmenden Konvergenz der Medien gerät die Trennung von Träger- und Onlinemedien und die entsprechende Aufteilung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern an ihre Grenzen: Bisher getrennte Medienbereiche und Kommunikationswege verschmelzen, Medieninhalte werden sowohl auf Trägermedien als auch online vermarktet.

Eine Medienordnung für alle Vertriebswege steht nicht in Aussicht. Es gibt daher auf gesetzlicher und untergesetzlicher Ebene verschiedene Anstrengungen, um die z.T. unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen miteinander in Einklang zu bringen.

Mit einer Gesetzesänderung im JMStV vom 1.10.2016 wurde eine Regelung eingeführt, die die Schnittstelle zwischen JuSchG und JMStV in beide Richtungen geöffnet hat. Galten bislang nur Ergebnisse aus dem Bereich der Trägermedien automatisch auch für den Rundfunk- und Telemedienbereich, gilt dies nun auch für den umgekehrten Distributionsweg: Von der KJM bestätigte Altersbewertungen für das Fernsehen sind von den Obersten Landesjugendbehörden als Alterskennzeichnung für die DVD-Versionen zu übernehmen (§ 5 Abs. 2 JMStV).

Jugendschutzgesetz (JuSchG)

Nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) dürfen Filme, DVDs und Spielprogramme Kindern und Jugendlichen nur zugänglich gemacht werden, wenn sie eine Altersfreigabe der Obersten Landesjugendbehörden (OLJB) tragen (§ 14 JuSchG). Diese haben die ihnen zustehende Kompetenz der Altersfreigabe an die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) und die Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle (USK; Computerspiele) abgegeben.

Die Altersstufen werden im Gesetz wie folgt festgelegt (§ 14 Abs. 2 Nr. 1-5 JuSchG):

  • Freigegeben ohne Altersbeschränkung
  • Freigegeben ab 6 Jahren
  • Freigegeben ab 12 Jahren[*]
  • Freigegeben ab 16 Jahren
  • Keine Jugendfreigabe (ab 18 Jahren)

[* Für Filme, die ab 12 Jahren freigegeben sind, ist der Kinobesuch bereits ab 6 Jahren in Begleitung des Personensorgeberechtigten gestattet (§ 11 Abs. 2 JuSchG).]

Medien, die aufgrund ihrer Jugendgefährdung weder von der FSK noch von der USK eine Freigabe erhalten haben, können in die Liste der jugendgefährdenden Medien (= Index) aufgenommen werden (§ 18 Abs. 1 JuSchG). Solche indizierten Medien unterliegen einer Reihe von Vertriebsbeschränkungen, die das Ziel verfolgen, sie von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten. Für sie darf in der Öffentlichkeit nicht geworben werden (§ 15 Abs. 1 Nr. 1-7 JuSchG).
Zuständig für die Indizierung ist die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ, bis Mai 2021 BPjM).

Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)

Zur Durchsetzung des Jugendschutzes in Fernsehen, Internet und für Onlinespiele haben die Bundesländer einen Rahmenvertrag geschlossen: den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV).

Der JMStV beinhaltet neben allgemeinen Regeln zum Umgang mit jugendschutzrelevanten Inhalte auch Bestimmungen zu unzulässigen Sendungen (§ 4 Abs. 1 JMStV). Dazu zählen Inhalte, die bereits nach dem Strafgesetzbuch (StGB) verboten sind – vor allem Gewaltverherrlichung (§ 131 StGB) und Pornografie (§ 184 StGB) – oder auf dem Index für jugendgefährdende Medien stehen.

Jugendschutz im Fernsehen

In § 5 JMStV werden für entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte im Fernsehen Sendezeitbeschränkungen festgelegt:

  • Filme, die nach dem Jugendschutzgesetz eine Freigabe ab 16 Jahren oder keine Jugendfreigabe erhalten haben (ab 18 Jahren), dürfen nur in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr bzw. zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr ausgestrahlt werden.
  • Filme mit einer Freigabe ab 12 Jahren unterliegen nur dann Sendezeitbeschränkungen, wenn durch sie das Wohl jüngerer Kinder beeinträchtigt ist (§ 5 Abs. 4 JMStV). Hintergrund für diese Regelung ist der starke Einschnitt von Sendezeitbeschränkungen in die Rechte von Erwachsenen. Würde man die Ausstrahlung im Tagesprogramm auf Filme mit einer Freigabe ab 0 bzw. ab 6 Jahren beschränken, würden für die zahlreichen Erwachsenen im Tagesprogramm keine adäquaten Angebote zur Verfügung stehen. Außerdem findet das Fernsehen zu Hause statt, der Gesetzgeber teilt die Verantwortung zwischen Anbietern und Eltern auf. Deshalb sind Filme mit einer Freigabe ab 12 nur dann auf eine Sendezeit ab 20.00 Uhr beschränkt, wenn sie nah an solchen Filmen liegen, die üblicherweise ab 16 Jahren freigegeben werden. Eine klare Einordnung fällt hier allerdings oft schwer.

Für einen großen Teil des Fernsehangebots liegt keine Einschätzung nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) vor. In diesem Falle muss der Sender Programme nach vergleichbaren Maßstäben selbst einschätzen. Hierfür und für alle übrigen Jugendschutzbelange sind die Sender verpflichtet, Jugendschutzbeauftragte zu stellen.

Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten (ARD mit Landessendern, ZDF, Arte, 3Sat, Phönix) verwalten sich selbst und werden von ihren Rundfunkräten beaufsichtigt. Für die privaten Anbieter (siehe Mitglieder der FSF) ist die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) zuständig. Die KJM ist eine zentrale Einrichtung der für die Regulierung des privaten Fernsehens zuständigen Landesmedienanstalten

Die Anbieter können Selbstkontrollen einrichten, die – vorausgesetzt sie erfüllen bestimmte im Gesetz festgelegte Kriterien – von der KJM anerkannt werden (§ 19 Abs. 2 und 3 JMStV). Anerkannte Selbstkontrollen können die Bestimmungen des Jugendschutzes gegenüber ihren Mitgliedern weitgehend selbstständig überprüfen und durchsetzen.

Die FSF: eine Selbstkontrolleinrichtung nach dem JMStV

Seit August 2003 ist die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) als Selbstkontrolleinrichtung für den Fernsehbereich anerkannt  (seit März 2012 auch für fernsehähnliche Inhalte im Internet).

Die Mitgliedssender der FSF legen alle eigenproduzierten Spielfilme sowie solche Programme, die im Hinblick auf die geplante Sendezeit unter den Gesichtspunkten des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) nicht offensichtlich unbedenklich sind, einem FSF-Prüfausschuss zur Begutachtung vor.

Die FSF überprüft die Einhaltung der Bestimmungen des JMStV bei ihren Mitgliedssendern und geht Beschwerden über Programme ihrer Mitglieder nach (Jugendschutz-Hotline). Die Begutachtung von Programmen vor ihrer Ausstrahlung und die Festlegung der Altersfreigabe und Sendezeit sind ihre Hauptaufgaben. Eine Prüfentscheidung der FSF kann durch die KJM als aufsichtführende Stelle nicht beanstandet werden, sofern sie die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums nicht überschreitet.